Licht für die Dunkelheit dieser Welt. Von Kai Mester
Lesezeit: 18 Minuten
Die Zahl der Muslime in Europa wächst. Es ist keine Ausnahme mehr, dass Arbeitskollegen, Nachbarn, die Menschen, mit denen wir täglich zu tun haben, Muslime sind. Was wir über ihren Glauben denken, wird unser Verhalten ihnen gegenüber unbewusst beeinflussen. Vorurteile können hier unser ewiges Heil und das dieser kostbaren Seelen gefährden. Unter dem Spätregen des Heiligen Geistes werden Menschen aus allen Völkern, Nationen und Sprachen sich zum Lauten Ruf vereinigen. Wie wichtig ist es daher, dass wir da Barrieren abbauen, die der Feind aufgerichtet hat, um diese große letzte Adventbewegung zu begrenzen.
Die meisten Christen und nicht wenige Muslime haben ein falsches Bild davon, was der Koran über Jesus sagt. (Viele Muslime verstehen zum Beispiel kein Arabisch und sind abhängig von den Interpretationen der Übersetzungen.) Dieser Artikel und sein Folgeartikel möchten dazu sachliche Informationen liefern. Dass Jesus im Koran eine Rolle spielt, ist bekannt. Er taucht dort aber nur als ein gleichrangiger Prophet unter vielen auf und tritt nicht aus dem Schatten des letzten Propheten Mohammed heraus. So die landläufige Meinung.
Der Koran sagt auch tatsächlich: »Wir machen zwischen den Propheten keinen Unterschied.« (al-Baqara 2,136) Wenn wir jedoch den Zusammenhang lesen, so geht es darum, ob Mose oder Jesus, ob Judentum oder Christentum der richtige Weg ist. Der überwältigende Großteil der Juden verehrt Mose, lehnt aber Jesus ab. Der überwältigende Großteil der Christen verehrt Jesus, betrachtet aber Mose, den Sabbat und die Reinheitsgebote als »alttestamentlich«. Hiergegen spricht sich der Koran deutlich aus und beruft sich auf Abraham, der weder Jude noch Christ war, sondern ein ergebener Diener des einen Gottes. Dieser Vers möchte also sagen, dass der Koran keinen der biblischen Propheten auf Kosten eines anderen bevorzugt. Die Gottesoffenbarung zu einer Zeit widerspricht nicht der Gottesoffenbarung zu einer anderen. Gott bleibt derselbe, auch seine Botschaft. Licht kann wohl zunehmen, jedoch nur, ohne dem alten Licht zu widersprechen.
Prophet und Gottesdiener
Ja, der Koran zählt Jesus mehrmals in einem Atemzug mit anderen Propheten auf. Aber nur einmal nennt er Jesus außerhalb einer solchen Liste Prophet: »Jesus sagte: ›Ich bin ein Diener Gottes (Abdullah); Gott hat mir das Buch gegeben und mich zu einem Propheten gemacht.‹« (Maryam 19,30) Auch die Bibel nennt Jesus Prophet: »Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, erwecken aus dir und aus deinen Brüdern; auf ihn sollt ihr hören!« (5. Mose 18,15) Als Prophet bezeichnet sich sogar Jesus selbst (Matthäus 13,57), ebenso seine Jünger (Lukas 24,19; Johannes 4,19; 6,14; 7,40). Und auch die Bezeichnung Diener Gottes wird für Jesus in der Bibel verwendet (Jesaja 42,1).
Der Gesandte Gottes
Viel häufiger als Prophet oder Diener Gottes wird Jesus im Koran »Gesandter« (7x) oder »der Gesandte Gottes« (3x) genannt, eine Bezeichnung, die auch Mose und Mohammed im Koran tragen. Doch im Koran gibt es einen interessanten Vers: »Wir haben einigen von den Gesandten den Vorrang vor anderen gegeben. Unter ihnen sind welche, zu denen Gott gesprochen hat, und einige, die er um Stufen erhöht hat: Wir gaben Jesus, dem Sohn Marias, die klaren Beweise und stärkten ihn mit dem Heiligen Geist.« (al-Baqara 2,253) Hat Jesus also auch im Koran eine herausragende Stellung? Gehen wir der Frage weiter nach.
Der Messias
Nur wenige Nichtmuslime wissen, welches der am zweithäufigsten verwendete Titel Jesu im Koran ist. Es ist die Bezeichnung Messias (al-Masīḥ). Elfmal wird dieser Titel erwähnt, den im Koran allein er und kein anderer Prophet oder Gesandter trägt: »Sein Name ist Messias Jesus, Marias Sohn.« (Āl ‘Emrān 3,45) »Der Messias wird es niemals verschmähen, Diener Gottes zu sein.« (an-Nisā‘ 4,172)
Ist sich der Koran aber überhaupt der Bedeutung des Wortes Messias bewusst? Im Arabischen bedeutet das Verb masaha genauso wie das Verb maschach im Hebräischen: »bestreichen, salben«. Dass der Messias mit dem Heiligen Geist gesalbt ist, zeigt der Koran gleich an mehreren Stellen. Dreimal sagt er, dass Jesus durch den Heiligen Geist gestärkt wurde (al-Baqara 2,87.253; al-Mā‘ida 5,110) und einmal nennt er sogar Jesus selbst »Geist von Gott« (an-Nisā‘ 4,171). Dadurch macht er seine Göttlichkeit deutlich und dass sich das Werk des Heiligen Geistes von Jesus nicht trennen lässt (Johannes 14,16.23; 1. Korinther 6,11).
Marias Sohn – Menschensohn
Der häufigste Titel für Jesus im Koran ist Marias Sohn. Er steht 23-mal im Koran. Viele Christen empfinden diesen Titel als abwertend. Wahrscheinlich ist ihnen aber nicht bewusst, dass der Titel »Marias Sohn« in der syrisch-aramäischen Ostkirche als Ehrentitel Jesu galt. Dieser Titel zeigt, dass Jesus keinen leiblichen irdischen Vater hatte, nach dem er wahrhaft hätte benannt werden können. Dieser Titel hebt aber auch Jesu Menschsein hervor, während der im Christentum verbreitete Titel »Gottessohn« seine Göttlichkeit betont. Diese Betonung der Göttlichkeit unter den Christen ging teilweise so weit, dass manche Irrlehrer meinten, Jesus habe nur einen Scheinkörper besessen und am Kreuz daher auch keine Leiden empfunden (Doketismus).
Für die römischen Katholiken wiederum ist Jesu Göttlichkeit sogar so geartet, dass sie Maria die »Mutter Gottes« nennen. Bis heute glauben auch viele andere Christen, dass Jesus so göttlich war, dass sein vorbildliches Leben für uns Menschen immer Utopie bleiben wird. So hoffen sie einst in Sünden errettet zu werden, statt schon hier und jetzt die Befreiung von Sünden zu erleben. Gegen diese falsche »Vergottung«, oder sagen wir besser »Entmenschlichung« Jesu zieht der Koran zu Felde.
Jungfrauengeburt und Präexistenz
Der Koran lehrt wie die Bibel die Jungfrauengeburt Jesu: »Und der, die ihre Keuschheit wahrte, hauchten wir von unserem Geist ein und machten sie und ihren Sohn zu einem Zeichen für die Welten.« (al-Anbiyā 21,91; 66,12) »Mein Herr, soll mir ein Sohn geboren werden, wo mich doch kein Mann berührte?« (Āl ‘Emrān 3,47)
In diesem Zusammenhang finden wir auch die Verse, die am deutlichsten im Koran auf die Präexistenz Jesu hinweisen: »Wahrlich, der Messias Jesus, Marias Sohn, ist Gottes Gesandter und sein Wort, gesandt zu Maria, und Geist von ihm.« (an-Nisā‘ 4,171) »Dies ist Jesus, Marias Sohn, das Wort der Wahrheit, an dem sie zweifeln.« (Maryam 19,34) Jesus wird also auch im Koran als das ewige und schöpferische Wort Gottes bezeichnet (Psalm 33,6; Johannes 1,1; Offenbarung 19,13). Der Koran bekennt sich somit zur Göttlichkeit Jesu.
Leider hat das sündige Leben der meisten Christen (Heiligenverehrung, Kreuzzüge, Hollywood etc.) dazu geführt, dass die meisten Muslime den arabischen Koran bis heute möglichst antichristlich und antibiblisch auslegen. Deshalb ist heute dem Großteil der Muslime die Bedeutung dieser Verse nicht mehr bekannt und die meisten Koranübersetzungen geben den Sinn leider verzerrt wieder.
Statt hier den Muslimen die Schuld zu geben, sollten wir mit dem Psalmisten ausrufen: »Wir haben gesündigt samt unseren Vätern; wir haben uns vergangen, sind gottlos gewesen.« (Psalm 106,6; Jeremia 14,40; Klagelieder 3,42; 5,7; Daniel 9,5.8.15)
Jesu Wirken auf der Erde
Nachdem wir gesehen haben, welche Titel Jesus im Koran trägt, wenden wir uns nun dem zu, was der Koran über Jesu Leben sagt.
Zwei längere Abschnitte im Koran berichten über das Leben Jesu: die Sure Āl ‘Emrān 3,47-52 und die Sure al-Mā‘ida 5,110-114. Dort erfahren wir, dass Jesus von Gott unterrichtet und in der Schrift ausgebildet wurde, dass er das Gesetz bestätigte und Geheimnisse offenbarte, dass seine Jünger Muslime waren (also gottergebene Menschen) und dass er die Menschen auf den »geraden Weg« führte (Jesaja 26,7; Johannes 1,23; 14,6; Apostelgeschichte 13,10; Galater 2,14; 2. Petrus 2,15). Es wird berichtet, dass er den Blindgeborenen und den Aussätzigen heilte, Tote aufweckte, Brot vermehrte und aufgrund seiner Wunder der Zauberei beschuldigt wurde (Matthäus 12,24). Auf nichts davon geht der Koran wesentlich genauer ein als wir hier in diesem Artikel, aber er verweist immer wieder auf die Evangelien.
Der sprechende Säugling und das schöpferische Kind
Zwei Dinge mögen dem abendländischen Leser in diesen Berichten fremd anmuten. Erstens, dass Jesus in der Wiege geredet haben soll und zweitens, dass er als Kind aus Ton einen Vogel geformt und diesem Leben eingehaucht habe. Damals kursierten über Jesu Kindheit in der Ostkirche apokryphe Schriften mit ähnlichen Erzählungen, literarischen Ausschmückungen der wenigen Informationen, die die Evangelien über Jesu Kindheit liefern. Vielleicht ähnlich wie manch christlicher Romanschreiber heute hatten sich die Verfasser recht großzügig literarische Freiheiten genommen, um theologische Sachverhalte dem einfachen Volk nahezubringen.
Die Erzählung vom sprechenden Jesuskind in der Wiege unterstreicht jedenfalls, dass Jesus schon im Säuglingsalter einen starken Eindruck bei den Menschen hinterließ. Die Erzählung vom schöpferisch tätigen Jesuskind hebt Jesus weit über alle anderen Propheten, weil sie andeutet, dass Jesus mehr als nur ein Mensch war. Er war das Wort, durch das Gott schuf (Johannes 1,3.10; 1. Korinther 8,6; Kolosser 1,16; Hebräer 1,2; 11,3).
Statt uns nun daran zu stoßen, dass der Koran diese Erzählungen aufgreift, die sicher aus einer anderen Zeit und einer anderen Kultur stammen, sollten wir bemerken, dass über keine andere Person im Koran ähnliche Dinge gesagt werden. Statt nach Legenden im Koran zu suchen, müssen wir erkennen, dass die Theorie von einem Propheten Jesus im Koran, der nur ein Prophet unter vielen war, die eigentliche Legende ist.
Tod, Auferstehung und Himmelfahrt
Der Koran spricht auch über den Tod Jesu, über seine Auferstehung und seine Himmelfahrt. Die meisten Muslime haben heute Probleme, die Verse darüber miteinander in Einklang zu bringen, da die Tradition verbreitet ist, am Kreuz sei nicht Jesus, sondern Judas oder Simon von Kyrene gestorben. Doch was sagt der Koran wirklich?
Das Jesuskind wird im Koran mit den Worten zitiert: »Friede sei mit mir am Tag, an dem ich geboren wurde, am Tag, an dem ich sterben werde und am Tag, an dem ich wieder zum Leben erweckt werde.« (Maryam 19,33) Da die meisten Muslime glauben, dass Jesus bis jetzt nicht gestorben ist, sondern direkt in den Himmel aufgenommen wurde, versuchen sie diesen Vers so zu erklären, dass Jesus erst nach seiner Wiederkunft hier auf Erden sterben und auferstehen wird. Doch diese Auslegung ist unnötig, um scheinbare Widersprüche im Koran aufzulösen. Die biblische Sicht ist der beste Schlüssel zum Verständnis des Koran.
Ein weiterer Koranvers fasst kurz Tod, Auferstehung und Himmelfahrt zusammen:
»Gott sprach: ›Jesus, ich lasse dich verscheiden und erhebe dich zu mir empor.‹« (Āl ‘Emrān 3,55)
An einer anderen Stelle spricht der Koran von Mose und Jesus und davon, wie man einige Propheten zu Lügnern erklärte und andere umbrachte (al-Baqara 2,87.91; 5,70; 3,112.181). Der Parallelismus ist offensichtlich: Mose wurde zum Lügner erklärt und Jesus wurde umgebracht. Der Lüge wurde Mose schon vor dem Durchzug durchs Rote Meer bezichtigt. Die Israeliten warfen ihm vor, er habe sie belogen und in die Wüste gebracht, damit sie dort umkommen sollten (2. Mose 14,11). Später warf Korah ihm vor, es sei eine Lüge, dass er von Gott zur Führung des Volkes bestimmt sei (4. Mose 16,3). Mose starb schließlich einen ehrenvollen Tod. Man trauerte um ihn. Doch Jesus wurde – wie einige andere Propheten auch – getötet.
Der Koran legt Jesus für den jüngsten Tag folgende Worte in den Mund: »Ich war ihr Zeuge, solange ich unter ihnen weilte, doch als du mich hast verscheiden lassen, bist du ihr Wächter gewesen, und du bist der Zeuge aller Dinge.« (al-Mā‘ida 5,117) Aus diesem Vers geht deutlich hervor, dass Jesus auf jeden Fall schon gestorben ist.
Der Engel sagte zu Maria: »Gott verkündet dir ein Wort von ihm; sein Name ist Messias Jesus, Marias Sohn, angesehen in dieser und der kommenden Welt und einer von denen, die in Gottes Nähe gebracht werden.« (Āl ‘Emrān 3,45)
Dieser Vers ist besonders interessant. Denn im Koran gilt außer Jesus allein Mose als »angesehen«, jedoch nur in dieser Welt (al-Aḥzāb 33,69). Und in Gottes Nähe gebracht werden außer Jesus nur die Engel (an-Nisā 4,172) und die Bewohner des Paradieses (al-Wāqi‘a 56,88).
Starb ein anderer am Kreuz?
Und nun kommen wir zu dem Text, der den meisten als der schwierigste gilt: »Sie sagen: ›Wir haben den Messias Jesus, Marias Sohn, Gottes Gesandten getötet‹, obwohl sie ihn doch weder erschlagen noch gekreuzigt hatten. Es erschien ihnen nur so … In Wirklichkeit hat Gott ihn zu sich emporgehoben.« (an-Nisā‘ 4,157.158) Wenn man diesen Text nicht mit den anderen Aussagen und vor allen Dingen den Evangelien im Hinterkopf liest, kann man zu ganz falschen Schlüssen kommen. Wir wissen, dass es auch in der Bibel Stellen gibt, die oft völlig missverstanden werden, weil man sie unter Missachtung anderer Bibelverse traditionell falsch auslegt. Wie ist also die richtige Auslegung?
Die Juden in Medina glaubten nicht an Jesu Auferstehung und dachten, er sei ein toter Mann, sie hätten sich seiner entledigt. Deshalb sagten sie: »Wir haben ihn getötet. Was redet ihr immer noch von ihm, von seinem Priesterdienst im Himmel, von seiner Wiederkunft? Er ist tot. Vielleicht war er ein bedeutender Rabbi in der Geschichte. Vielleicht hat er die Welt verbessert. Mehr aber auch nicht.« – Doch darin täuschten sie sich. Gott hatte ihn von den Toten auferweckt und zu seinem Thron emporgehoben. Sie werden ihn mit eigenen Augen sehen, wenn er wiederkommt und auch sie von den Toten auferweckt.
Der Text fährt sinngemäß fort: Sie behaupten ihn getötet zu haben, dabei haben nicht mal Juden ihn gekreuzigt sondern Römer. Dies auch nur, weil Gott es zugelassen hatte. Ohnehin können Menschen niemand endgültig beseitigen. Darauf hat Jesus schon hingewiesen, als er sagte: »Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und nach diesem nichts weiter zu tun vermögen! … Fürchtet den, der nach dem Töten Macht hat, in die Hölle zu werfen.« (Lukas 12,4.5) Denn wer von Menschen getötet wird, wird wieder auferweckt. Erst der zweite Tod entscheidet über das ewige Schicksal.
Zuletzt starb Jesus gar nicht an den Folgen der Kreuzigung, wie eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Es waren also in Wirklichkeit weder die Juden noch die Römer, die ihn umbrachten. Er starb an gebrochenem Herzen. Unser aller Sünde trennte ihn von Gott. Er starb tatsächlich den zweiten Tod. Doch weil Gott sein Opfer annahm, ist und bleibt er der Einzige, der vom zweiten Tod zurückgekehrt ist.
Wir sehen: Der Koran leugnet an keiner Stelle den Tod Jesu, er bestätigt ihn vielmehr.
Das sündlose, herrliche Opfer
Jesus ist der einzige Mensch im Koran, dem Sündlosigkeit bescheinigt wird. Der Engel Gabriel sagt zu Maria: »Ich bin der Bote deines Herrn, dich zu beschenken mit einem sündlosen Sohn.« (Maryam 19,19) Im Koran wird ausdrücklich gesagt, dass Adam, Noah, Mose, Aaron, David, Salomo, Jona und auch Mohammed gesündigt haben. Jesus jedoch war der einzige Mensch, der gar keine Sünde beging, nicht einmal in Gedanken.
Als Abraham seinen Sohn opfern sollte, löste Gott ihn durch ein »herrliches Opfer« aus (aṣ-Ṣōfāt 37,107). Das hier im Koran verwendete Wort für herrlich (‘aḏīm) kann unmöglich allein auf ein Tier bezogen sein. Denn es ist im Koran ein Gottesname, eine Eigenschaft Gottes. Das eigentliche Opfer, durch das wir alle ausgelöst werden, ist Jesus, das Lamm Gottes.
Der Opfertod Jesu wird sowohl in der Bibel als auch im Koran durch die makellose Kuh symbolisiert, von der es heißt: »Eine rote junge Kuh, die makellos ist und kein Gebrechen an sich hat, und auf die noch kein Joch gekommen ist.« (4. Mose 19,2) »Eine gelbe Kuh von lebhafter Farbe … die nicht abgerichtet ist, die weder den Boden pflügt noch den Acker bewässert, makellos, ohne jeglichen Flecken.« (al-Baqara 2,69-71) Sie sollte vor dem Lager geopfert werden. Das war das herrliche Opfer: der sündlose Messias Jesus, das Lamm Gottes, das der Welt Sünde hinwegträgt.
Jesu Wiederkunft
Muslime erwarten die Wiederkunft Jesu am Ende der Zeit aufgrund folgender Verse: »Er [Jesus] dient zur Kenntnis der Stunde … Sie warten nur darauf, dass die Stunde plötzlich über sie kommt, ohne dass sie es merken … Bei ihm [Gott] ist die Kenntnis der Stunde, und zu ihm sollt ihr zurückgebracht werden.« (al-Zuchruf 43,61.66.85)
Ablehnung von Irrlehren:
Es kann nicht verschwiegen werden, dass der Koran auch einige Aussagen über Jesus enthält, die Christen im ersten Moment schockieren. Auch sie wollen wir betrachten:
1. Der Vater selbst (Patripassianismus)
»Wahrlich, ungläubig sind diejenigen, die sagen: ›Gott (Allah) ist der Messias, Marias Sohn.‹« (al-Mā‘ida 5,17.72a) Stellt das die Göttlichkeit des Messias in Frage? Nein. Hier nimmt der Koran lediglich Stellung gegen alle Christen, die glauben, dass der allmächtige Gott, der Vater, mit Jesus identisch ist. Denn dann hätte der Vater selbst am Kreuz den Tod erlitten und Jesus hätte niemand gehabt, zu dem er hätte sagen können: »In deine Hände befehle ich meinen Geist.« Diese irrige Vorstellung heißt Patripassianismus. Dann wäre Maria tatsächlich die Mutter Gottes gewesen.
2. Von Gott adoptiert (Adoptionismus)
»Sie sagen: ›Gott hat sich ein Kind genommen.‹ … Dabei gehört ihm schon alles, was in den Himmeln und auf der Erde ist.« (al-Baqara 2,116, Yūnus 10,68) »Alles Lob gebührt Gott, der sich kein Kind genommen hat und niemanden als Herrscher neben sich hat, noch aus Schwäche sonst einen Gehilfen.« (al-Isrā‘ 17,111) »Gott hat sich kein Kind genommen, noch ist irgendein Gott neben ihm.« (al-Mu‘minūn 23,91) Diese Koranverse widersprechen nicht der Bibel. Sie grenzen sich lediglich von der Lehre des Adoptionismus ab, gemäß der Jesus als bloßer Mensch aufgewachsen und später von Gott als Sohn angenommen worden sei. Denn damit hätte sich Gott einen Menschen zur Seite gestellt und das wäre die Sünde der »Beigesellung« (arabisch: Schirk; al-Mā‘ida 5,72b), ein Verstoß gegen das erste der zehn Gebote (2. Mose 20).
3. Leibliches Kind eines Zeus
»Sprich: ›Hätte der Barmherzige ein Kind, so wäre ich der erste, der ihm gedient hätte. Gepriesen sei der Herr der Himmel und der Erde, der Herr des Thrones, der frei ist von all dem, was sie behaupten.‹« (az-Zuchruf 43,81) Wir dürfen nicht vergessen, dass in und um Mekka die Vielgötterei verbreitet war. Diese Götter zeugten nach heidnischer Vorstellung Kinder (Halbgötter), wie wir es vom griechischen Zeus kennen. Der Gedanke, Gott selbst habe Maria in diesem Sinne geschwängert, lag nahe, und dem wurde deshalb deutlich widersprochen.
4. Die Auflösung des Gesetzes
»Die Juden sagen, Esra sei Gottes Sohn, und die Christen sagen, der Messias sei Gottes Sohn … Gottes Fluch über sie! Wie sind sie doch irregeleitet!« (at-Tauba 9,30) Schon der erste Teil dieses Verses muss aufhorchen lassen. Denn Juden haben nie im christlichen oder wörtlichen Sinne von Esra als Gottes Sohn gesprochen. Warum behauptet der Koran dann so etwas?
Esra gilt als Urvater der Pharisäer und später des rabbinischen Judentums. Ein falsches Verständnis seines Dienstes führte dazu, dass man praktisch das Gesetz in seiner äußeren Form anbetete und deshalb den Messias verwarf, weil dieser nicht den klassisch-pharisäischen Erwartungen entsprach. Die Schrift wurde pharisäisch ausgelegt, man berief sich auf Esra, der selbst sicherlich heftig widersprochen hätte, um das Christentum zu bekämpfen. Saulus, ein Schüler Gamaliels, war ein Kind dieses Denkens und verfolgte den Messias, indem er den Christen nachstellte. Der Koran fasst diesen Tatbestand zusammen, wenn er den Juden vorwirft, sie hätten Esra zum »Sohn Gottes« gemacht – sie benutzten Esra also als Autorität, um letztlich Gottes Autorität zu umgehen.
In ähnlicher Form begannen Christen schon bald nach Pfingsten, Jesus auf eine Weise zu überhöhen, dass sie das Alte Testament und Gottes Gesetz nicht mehr ernst nahmen, für überholt und aufgelöst hielten und zahlreiche Sünden christianisierten. Dabei betonen Christen ständig, Jesus als Sohn Gottes anzubeten. Doch wie kann Jesus als Autorität gegen Gott und sein ewiges Wort missbraucht werden!?
Gegen diese zwei schrecklichen Extreme setzt sich der Koran zur Wehr: »Die große Sünde der Juden war die Ablehnung des Messias, die große Sünde der Christenheit würde die Ablehnung von Gottes Gesetz sein.« (Ellen White, The Great Controversy, 22; vgl. Der große Kampf, 22)
5. Begründer des Marienkults
»Und wenn Gott sprechen wird: ›Jesus, Marias Sohn, hast du zu den Menschen gesagt: Nehmt mich und meine Mutter als zwei Götter neben Gott?‹, wird er antworten: ›Gepriesen seist du. Nie könnte ich das sagen, wozu ich kein Recht hatte.‹« (al-Mā‘ida 5,116) In diesem Vers wird deutlich, gegen welches »Trio« der Koran zu Felde zieht: gegen die Vorstellung einer Gottesfamilie bestehend aus Gott, Maria und Jesus. Es ist der römisch-katholische Glaube, der die Sünde christianisiert, die Vielgötterei wieder eingeführt und das Gesetz über Bord geworfen hat. Die meisten Christen werden sich durch diese Aussagen vom Koran dogmatisch missverstanden fühlen. Doch mit all seiner Kritik an den Christen legt der Koran überspitzt den Finger auf die Wunde und macht deutlich, dass wir trotz aller »Frömmigkeit« Gottes Ehre aus den Augen verloren haben: Wir Christen benutzen Jesus, um sündhaftes Verhalten wie Marienkult oder Schweinefleischverzehr zu rechtfertigen, um generell Sünde zu verharmlosen, um uns von dem Gott des Alten Testaments zu trennen, weil wir ihn nicht verstehen; um Menschen vom Heil auszuschließen, weil sie nicht in die Schublade unserer theologischen Dogmen passen, um Macht und Gewalt über andere auszuüben, kurz: um das Gegenteil von dem zu sein und zu tun, was Jesus war und tat.
Unsere große Aufgabe
Folgendes Zitat von Ellen White über den Islam zeigt die große Aufgabe, die wir als Adventbewegung haben. (Kommentare in eckigen Klammern. Quellenangabe ganz am Schluss.)
»Der Heiland sagt: ›Wer an den Sohn glaubt, der hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm.‹ (Johannes 3,36) Weiter sagt er: ›Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.‹ (Johannes 17,3)
[Auf Arabisch: Dass sie dich, Allah, und den Rasul Allah (Gesandten Gottes), Isa al-Mesih, erkennen.]
In vielen Ländern bekehren sich Menschen zum Islam, doch seine Anwälte lehnen die Göttlichkeit Jesu ab. Soll dieser Glaube sich ausbreiten, ohne dass die Anwälte der Wahrheit mit glühender Hingabe diesen Irrtum entkräften und die Menschen über die Präexistenz des Einzigen aufklären, der die Welt retten kann?
[Die Verfechter des Islam glauben also irrtümlich, dass Jesus vor seiner menschlichen Geburt nicht in göttlicher Form existiert habe. Irrtümlich auch deshalb, weil der Koran selbst auf Jesu Göttlichkeit hinweist, indem er allein Jesus »Wort Gottes« und »Geist von Gott« nennt (an-Nisā 4,171). So wie das Neue Testament auf den Sabbat hinweist und die meisten Christen es doch nicht sehen, weist der Koran auch auf Jesu Göttlichkeit hin, ohne dass die meisten Muslime sich dessen bewusst sind.
Der Irrtum, dass Jesus erst seit seiner menschlichen Geburt existiert hätte, kann entkräftet werden. Es besteht also Hoffnung, diesen Irrtum im Islam tatsächlich zu korrigieren. Die Anwälte der Wahrheit sollen sogar mit glühender Hingabe diesen Irrtum entkräften.
Wie diese glühende Hingabe aussieht, mit dem dieser Irrtum in der islamischen Welt entkräftet werden kann, darauf geht Ellen White im Folgenden ein.]
Wir brauchen dringend Menschen, die Gottes Wort durchforschen und ihm vertrauen, Menschen, die der Welt Jesus in seiner göttlichen und menschlichen Natur vorstellen, Menschen, die vollmächtig und geisterfüllt erklären, dass ›kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben [ist], in dem wir gerettet werden sollen!‹ (Apostelgeschichte 4,12) Wie sehr brauchen wir gläubige Menschen, die Jesus heute im Leben und Charakter darstellen, Gläubige, die ihn vor der Welt als Ausstrahlung der Herrlichkeit des Vaters erhöhen, und so verkündigen, dass Gott Liebe ist.« (Ellen White in: The Home Missionary, 1. September 1892)
Leider entdecken wir erst jetzt, dass Jesus im Koran gepredigt wird, zwar nicht in der Fülle, doch mit vielen Hinweisen darauf, wo die Fülle zu finden ist. Denn immer wieder weist der Koran auf die Evangelien und die ganze Bibel hin. Und im Koran selbst steht genug, damit Jesus Muslime zu sich ziehen kann. Unser Leben, unsere Liebe und unsere Hinweise können die Mauern einreißen, die jetzt noch diese Anziehungskraft dämpfen.
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